“Wer wir sind und warum wir tun, was wir tun”
“Wir möchten gerne einen vernünftigen Einstieg finden, in diese Digitalisierung, von der jetzt alle reden” Mit diesem, oder einem ähnlichen, Satz beginnen viele meiner Erstgespräche. Was nicht so ganz zutrifft, meistens wurde schon „eingestiegen“. Das ist aber auch der Mentalität meiner Zielgruppe geschuldet. Hier wird gerne angepackt und selbst gemacht. Was ja grundsätzlich erstmal gut ist, vor allem das Anpacken.
Meine Digitalisierungs-Beratungen finden im Wesentlichen in zwei Bereichen statt:
- KMU (kleine, mittlere Unternehmen), also der Mittelstand
- und Kommunen, kleine/ mittelgroße Städte, Gemeinden etc.
Die Situation ist in beiden Bereichen oft ähnlich. Ein paar Dinge wurden schon gemacht. Die IT hat sich ein bisschen was einfallen lassen. Der Chef hatte auch schon ein paar Ideen. Ein paar weitere angedachte „Projekte“ hat man gegoogelt, oder bei anderen, vergleichbaren Unternehmen oder Institutionen abgeschaut. Soweit, so gut.
In der oben beschriebenen Situation ist der Wunsch nach Orientierung und Struktur verständlich. Was fehlt ist ein Gesamtkonzept, ein Meta-Konstrukt, welches allen zukünftigen Maßnahmen einen Rahmen und einen Überbau gibt. Genau das soll ich dann liefern. Ein möglichst kampferprobtes, leicht verständliches und leicht umsetzbares Strategiekonstrukt, möglichst im PDF-Format, oder PowerPoint. Okay, das war ein bisschen überspitzt dargestellt, aber die Grundidee meiner Gesprächspartner geht schon in diese Richtung. Meine Antwort ist immer dieselbe: Tut mir leid, so läuft das nicht!
Was ist also zu tun? Die offensichtlichen Punkte zuerst:
- Betroffene Bereiche identifizieren und priorisieren
Marketing, IT, Vertrieb, Management, Support, Buchhaltung, HR, Verwaltung usw.
- Themen definieren:
iCloud, CRM, Mailsystem, Cybercrime, DSGVO, Webseite, Mobile, Apps, Warenwirtschaftssysteme, Verwaltungssysteme, Back-Up, Funnels, Abläufe und Prozesse, gesetzliche Vorgaben…
Das sind wichtige Punkte, die berücksichtigt werden müssen. Nicht alle Punkte, aber ein paar wichtige. Nun soll jemand, das ganze steuern. In Betrieben gibt es dafür jetzt einen neuen Job-Title: CDO – Chief Digital Officer. Der Dirigent, der das Orchester der Maßnahmen gefühlvoll und kompetent anleitet, um das Digitalisierungs-Konzert zum Erfolg zu machen. Wer keinen hat, oder sich keinen leisten kann/ will, der holt sich einen externen CDO/ Berater, also mich.
Aaaber, bei diesen ganzen Aufzählungen fehlt noch ein entscheidender Punkt: Die Menschen. Alle, die davon irgendwie betroffen sind: Mitarbeiter, Kunden, Dienstleister, Partner, Bürger, Kollegen, Untergebene, Vorgesetzte, Führungskräfte… usw. Wenn die Menschen nicht mitspielen und sich gegen die Maßnahmen stellen, wird der gesamte Prozess schief gehen. Ich für meinen Teil löse dieses Problem mit einem einzigen Wort (cool, oder?): IDENTITÄT.
Zu Beginn muss festgelegt werden, wofür das Unternehmen, die Gemeinde, die Stadt steht. Sobald das einmal definiert ist, hängen alle folgenden Entscheidungen direkt davon ab. Sehen Sie sich als „grün“? Dann werden Sie vermutlich CO2-Neutralität oder ähnliche Themen mit aufnehmen. Sind Sie „menschenorientiert“? Dann werden Sie Ihre Prozesse mit digitalen Mitteln darauf zu schneiden. Sind Sie #Fridaysforfuture Fan? Dann stellen Sie vielleicht Ihre Fahrzeugflotte auf eMobilität und installieren eine Solaranlage. Definieren Sie sich als „zukunftsorientiert und modern“? Dann werden Sie andere Entscheidungen treffen und andere Tools implementieren, als jemand, der sich als „traditionell und bodenständig“ sieht. Die Menge der Möglichkeiten dieser digitalen Anwendungen geht ins Unendliche. Ihre Auswahl, Ihr Filter für diese unglaubliche Menge an Optionen braucht eine Basis. Identität.
Im Unternehmensbereich gibt es dafür viele Beispiele, in denen solche Identitäten in Form von CI (Corporate Identity) oder einem Wertesystem geschaffen werden sollen. Mit einem klitzekleinen Nachteil, sie sind sehr oft Fake. Die CI wurde dann in einem Arbeitskreis der Führungskräfte (mit einem externen, teuren Berater) am grünen Tisch erarbeitet und hängt nun in der Eingangshalle (und irgendwo auf der Webseite). Vier Wochen später nimmt niemand mehr bewusst das Schild in der Eingangshalle wahr, die Mitarbeiter haben das immer schon lächerlich gefunden und auch die Initiatoren der ganzen Aktion vergessen im Alltagsgeschäft was damals erarbeitet wurde. „Wofür stehen wir gleich wieder?“ Qualität? Service? Humanity? „Hatten wir das nicht wieder gestrichen?“ – „Ich schau mal eben auf die Webseite“ Bisschen überspitzt? Schon wieder? Ja, vielleicht. Machen wir den Realitätscheck.
Bei so gut wie allen Klienten, fällt früher oder später dieser Satz: „Wir sind hier alle eine große Familie“ – Ach, wirklich? Was passiert denn, wenn es mal nicht so gut läuft? Sie entlassen irgendwann Mitarbeiter, um Kosten zu sparen, um der Entwicklung entgegen zu wirken, stimmt’s? Wer muss denn dann zuerst gehen? Diejenigen, die zuletzt dazu gekommen sind richtig? Machen Sie das in Ihrer Familie auch so? Wenn das Haushaltsbudget knapp wird, dann muss der gehen, der zuletzt gekommen ist, das Baby.
Das ist kein flapsiges Beispiel, ich meine das völlig ernst. Wenn Sie „Wir sind eine Familie“ da drauf schreiben, dann müssen Sie das auch konsequent durchziehen, oder es ist eben nichts wert und alle wissen das. Das bedeutet, Sie behalten Ihre Mitarbeiter (ihre „Familie“) auf jeden Fall. Lieber kürzen Sie die Gehälter der Führungsebene und verkaufen die Wiese hinter dem Parkplatz, als dass Sie Ihre „Babys“ wegschicken. …oder Sie schreiben so etwas wie „wir sind alle eine große Familie“ besser nicht auf Ihre Fahnen, wenn Sie beim ersten Gegenwind bereit sind diese Fahnen wegzuwerfen.
So, und jetzt nochmal ernsthaft. Was ist Ihre Identität? Wofür stehen Sie, Ihr Unternehmen, Ihre Stadt, Ihre Gemeinde? Überlegen Sie sich das gut. Davon hängen nicht nur Ihre Entscheidungen und Ihre Maßnahmen-Auswahl im Rahmen der Digitalisierung ab. Sondern zum Beispiel auch, welche Mitarbeiter da reinpassen (und welche vielleicht nicht, oder nicht mehr), welche neuen Mitarbeiter sich angezogen fühlen, wie Sie nach außen wirken usw.
Das wäre dann sozusagen Teil 1 des neuen Gesamt-Konzeptes: „Finden und definieren Sie Ihre Identität“ Ernsthaft, konsequent und nachhaltig. Alles andere wird sich dann daran orientieren.